27.03.2009

Föderalismus Info 2/2009

Bemerkungen zu den Vorschlägen des Rechnungshofes zur geplanten Verwaltungsreform

Der Rechnungshof hat 315 Vorschläge zur Verwaltungsreform präsentiert, die als Basis für die Arbeit der entsprechenden Arbeitsgruppe der Regierung dienen sollen. Aus Sicht des Föderalismusinstituts zeigt sich an diesen Vorschlägen das Grundsatzproblem jeder Verwaltungsreform: Nur durch ein massives Zurückfahren von staatlichen Leistungen sind echte Einsparungen zu erzielen. Eine Verbesserung der Verwaltungsabläufe – so dringend und richtig diese auch sind – bringt nur relativ geringe Einsparungen. Das Bemühen um eine umfassende Aufgabenkritik und Deregulierung wird vom Institut unterstützt. Wir warnen in diesem Zusammenhang aber ausdrücklich vor weiteren Zentralisierungen im Gesundheitswesen, die sich schon bisher als Kosten treibend erwiesen haben. Vorsicht auch vor einem Etikettenschwindel bei der Neuorganisation der Schulverwaltung. Hier würde nur eine umfassende Übertragung in den Verantwortungsbereich der Länder Effizienzsteigerungen und Kostenersparnis bringen.



Verwaltungsreform ist angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise einmal mehr angesagt: Die im Regierungsprogramm vorgesehene Arbeitsgruppe bestehend aus dem Bundeskanzler, dem Finanzminister, zwei Landeshauptleuten, Rechnungshofpräsident Moser, den Vertretern von Wifo und IHS, Aiginger und Felderer, hat ihre Arbeit aufgenommen.
Konkrete Ergebnisse liegen uns noch nicht vor. Es ist aber anzunehmen, dass sich die Arbeitsgruppe intensiv mit den Vorschlägen des Rechnungshofes befassen wird, die dieser in der Reihe Positionen 2009/1 veröffentlicht hat.
Die insgesamt 315 Vorschläge sind nicht ganz neu, sie stammen in ihren Grundzügen aus dem Jahr 2007, sind allerdings noch immer aktuell. Sie dokumentieren die Mühsal der Verwaltungsreform, aus oft sehr kleinräumig wirksamen Maßnahmen insgesamt Einsparungen zu erzielen.
Die Vorschläge gliedern sich einerseits in allgemeine, die Verwaltung betreffende Anregungen und solche, die sich auf spezifische Verwaltungsmaterien, also etwa das Gesundheits- und Bildungswesen beziehen.
Wäre man besonders kritisch, könnte man das kunterbunte Nebeneinander von spezifischen Maßnahmen („Konzentration kleiner Späh- und Lauschangriffe bei einer Einheit“ oder „Optimierung der Betreuungszeiten in Kindergärten am Beispiel der Stadt Feldkirch“), umfassenden Reformvorschlägen, etwa im Gesundheitswesen oder Bildungswesen sowie recht beliebig und unverbindlich klingenden Anregungen wie „Evaluierung des gesamten österreichischen Fördersystems“ hinterfragen.
Insgesamt erachten wir jedoch viele Vorschläge als wichtig und richtig: Aufgabenkritik und Deregulierung muss beispielsweise auf allen Ebenen des Staates ein vorrangiges Ziel sein. Die Gesetzesfolgenabschätzung ist jedenfalls weiter auszubauen, der öffentliche Dienst zu flexibilisieren und die Kontrolle über Ausgliederungen zu verstärken.
Ein bisschen nachteilig ist, dass der Rechnungshof die Einsparungspotenziale nicht bewertet. So stehen die 315 Vorschläge etwas beliebig nebeneinander. Welche Vorschläge daher welchen Beitrag zu den vom Rechnungshof geschätzten Einsparungspotenzial von 1 Mrd Euro liefern soll, bleibt uns daher unbekannt.
Kritisch sind die Vorschläge im Gesundheitsbereich zu sehen: Die Zentralisierung der Gesetzgebungskompetenz für die Krankenanstalten würde die Probleme nicht lösen, sondern begünstigen, dass die Bundesbürokratie zentral die Gesundheitsversorgung in den Ländern regelt.
Im Bildungsbereich teilen wir die Meinung, dass die Schulverwaltung Effizienzverbesserungen nötig hätte. Die Position des Föderalismusinstitutes war stets die Auflösung der Landes- und Bezirksschulräte und die Übertragung der Agenden in die Landesverwaltung. Dies würde zu einer Kompetenzbereinigung und zu einer Stärkung der regionalen Bildungsverantwortung der Länder führen. Wir lehnen jedoch die Einrichtung von Bildungsdirektionen, die nur einen anderen Namen als die bisherigen Landesschulräte aufweisen und die zu einer weiteren Zentralisierung führen, ab.

Der Bund missachtet neuerlich die Länderrechte

10 Tage Begutachtungsfrist für das Budgetbegleitgesetz 2009 sah das Bundesministerium für Gesundheit für die Länder vor – und das, obwohl massive Eingriffe in Länderrechte geplant sind. Das Vorgehen des Bundes in diesem Zusammenhang wird nach Meinung des Föderalismus-Instituts immer dreister und inakzeptabler. Auch inhaltlich können sich die Länder dieses Gesetz nicht gefallen lassen: Gut wirtschaftende Gebietskrankenkassen werden massiv, vor allem gegenüber der Wiener GKK benachteiligt, die mit Abstand die größten Verluste schreibt und bisher die wenigsten Reformmaßnahmen getroffen hat. Auch die mit 1. Jänner erfolgte Senkung der Umsatzsteuer würde zu Einnahmenverlusten für die Länder führen, ohne dass diesen ein Mitspracherecht oder gar die Möglichkeit der Kompensation dieser für ihre Aufgabenerfüllung nötigen Einnahmen eingeräumt wurde.



Das Bundesministerium für Gesundheit versandte mit Schreiben vom 17. Februar 2009 (GZ. BMG-90200/0001-1/B/6/2009) den Entwurf eines Budgetbegleitgesetzes 2009 – Beitrag BMG zur Begutachtung. Der Entwurf ist bei den Ländern am 13. März 2009 eingelangt und sah als Ende der Begutachtungsfrist den 23. März 2009 vor. Diese unangemessen kurze Begutachtungsfrist widerspricht der Vereinbarung über einen Konsultationsmechanismus und einen künftigen Stabilitätspakt und verhindert eine gründliche Begutachtung durch die Länder bzw der anderen begutachtenden Stellen.
Die vorgesehene geplante Änderung des ASVG enthält kurzfristig zu setzende budgetpolitische Maßnahmen zur Reduzierung des Defizits einiger Gebietskrankenkassen. Vorgesehen sind ua
 
  • ein in der Höhe nicht ausgewiesener einmaliger Zuschuss des Bundes für Gebietskrankenkassen mit negativem Reinvermögen zum Zeitpunkt 31. Dezember 2008;
  • die Auflösung der so genannten Katastrophenmittel im Ausgleichsfonds der Gebietskrankenkassen und eine Aufteilung der Mittel (überwiegend zugunsten der Wiener Gebietskrankenkasse);
  • eine Umverteilung bestimmter Mittel der pauschalen Beihilfe nach dem GSBG (und zwar jener Mittel, welche aufgrund der Überdeckung der nicht abziehbaren Vorsteuer aufgrund der Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Medikamente entstanden sind, auf die genannten Gebietskrankenkassen mit negativem Reinvermögen).
 
Durch die erstgenannte Maßnahme würden jene Gebietskrankenkassen, welche zum Zeitpunkt 31.12.2008 ein negatives Reinvermögen aufwiesen, in den Genuss – beträchtlicher – Bundesmittel kommen. Andere Gebietskrankenkassen, etwa jene in Oberösterreich, Salzburg und Vorarlberg, werden durch diese Maßnahmen gänzlich und durch die zweit- und drittgenannte Maßnahme nahezu leer ausgehen.
Aus föderalistischer Sicht ist der Gesetzentwurf abzulehnen, da jene Gebietskrankenkassen, die in den letzten Jahren umfangreiche Maßnahmenpakete beschlossen und – begleitet von den Versicherten und des jeweiligen Landes – umgesetzt haben, massiv benachteiligt würden. Das Abstellen allein auf den Stichtag 31.12.2008 für die Beurteilung, ob erhebliche Bundeszuschüsse gewährt werden oder nicht, konterkariert auch die umgesetzten Bemühungen um eine Sanierung der Gebietskrankenkassen.
Die pauschale Beihilfe nach dem GSBG (Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz) als Ersatz der Vorsteuerabzugsberechtigung im Gesundheits- und Sozialbereich wird durch einen Vorwegabzug bei der Umsatzsteuer finanziert. Die Länder tragen zur Finanzierung der pauschalen Beihilfe nach dem GSBG aufgrund dessen in der Höhe ihrer Anteile an den gemeinschaftlichen Bundesabgaben gemäß dem einheitlichen Schlüssel nach dem Finanzausgleichsgesetz bei.
Durch die Senkung der Umsatzsteuer auf Arzneimittel von 20% auf 10% mit 1. Jänner 2009 hätte auch der Prozentsatz der pauschalen Beihilfe für Krankenversicherungsaufwendungen entsprechend reduziert werden müssen. Dies geschah allerdings nicht, was zu einem Entgang entsprechender Umsatzsteueranteile für die Länder führt. Diese Maßnahme wurde mit den Ländern nicht verhandelt.

Projekt „Zwischenbilanz der Verwaltungsreform“

Nach Auffassung des Instituts für Föderalismus finden die Bemühungen der Länder um die Verwaltungsreform (Dienstrechtsreformen, Kosten- und Leistungsrechnung, wirkungsorientierte Verwaltung, Verfahrensbeschleunigung) in der Öffentlichkeit noch zu wenig Beachtung. Im Rahmen eines neuen Projektes „Zwischenbilanz der Verwaltungsreform“ des Instituts soll daher eine umfassende Leistungsbilanz zur Verwaltungsreform erstellt und dabei der aktuelle Stand der Verwaltungsreform auf Landesebene, aber auch auf Bundesebene, dargestellt werden. Es ist geplant, dass Experten der einzelnen Länder bzw des Bundes nach einem einheitlichen Raster (Themenvorgabe, Umfang) Berichte zum Stand der Verwaltungsreform verfassen, die dann vom Institut ausgewertet und in einem Bericht zusammengefasst und publiziert werden sollten. Bis Dezember 2009 sollen die Rohberichte erstellt werden, der zusammenfassende Bericht durch das Institut soll die Ergebnisse im Mai 2010 präsentieren.

Der Vertrag von Lissabon und die Regionen: Subsidiaritätskontrolle – Tagung am 16./17. April 2009 in Trient

Welchen Mehrwert bringt die im Reformvertrag vorgesehene und teilweise bereits informell praktizierte Subsidiaritätskontrolle durch die nationalen und regionalen Parlamente für die Regionen in der Europäischen Union? Nimmt die europäische Rechtsetzung das Subsidiaritätsprinzip ernster als bisher? Wird sich der Europäische Gerichtshof zum Hüter des Subsidiaritätsprinzips aufschwingen? Eine gemeinsam von der EURAC research, Bozen, der Universität Trient und dem Institut für Föderalismus organisierte Veranstaltung, die unter der Schirmherrschaft der Provinz Trient und des Südtiroler Landtages steht, möchte sich diesen Fragestellungen widmen und sich mit der Kompetenzaufteilung und der Subsidiarität nach dem Vertrag von Lissabon sowie mit der parlamentarischen Subsidiaritäts-Kontrolle in der Praxis auseinandersetzen. Das genaue Programm und die ReferentInnen entnehmen Sie bitte den pdf-Dateien auf unserer Homepage.