08.03.2016
Föderalismus Info 2/2016
Die Präsidentinnen und Präsidenten der österreichischen Landtage und das Institut für Föderalismus schreiben den Preis für Föderalismus- und Regionalforschung 2016 aus. Der Preis ist mit 4000 Euro dotiert! Einreichungen sind bis spätestens 31. März 2016 an das Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, 6020 Innsbruck, e-mail: institut@foederalismus.at zu richten.
Dieser Preis wird für herausragende Diplom- und Masterarbeiten und Dissertationen der letzten beiden Jahre sowie für geplante oder in Arbeit befindliche Projekte aus der Forschungs- und Verwaltungspraxis verliehen. Eingereicht werden können dabei Forschungsarbeiten sowie Projekt- und Ideenpapiere zu den Themen Föderalismus, Governance im Mehrebenen-System, Deregulierung, Subsidiarität sowie Regional- und Standortforschung.
Teilnahmeberichtigt sind Personen bis zu einem Alter von 35 Jahren. Die Behandlung österreichischer Themenstellungen ist erwünscht, ein wissenschaftlich fundierter, innovativer Beitrag zu Fragen des Föderalismus und der Dezentralisierung wird erwartet. Der Preis ist mit 4.000 Euro dotiert; das Preisgeld kann an eine(n) oder mehr PreisträgerInnen vergeben werden. Einreichungen sind bis spätestens 31. März 2016 an das Institut für Föderalismus, Maria-Theresien-Straße 38b, 6020 Innsbruck, e-mail: institut@foederalismus.at zu richten.
Näheres zu den Ausschreibungsbedingungen und das Einreichformular finden Sie unter www.foederalismus.at/foederalismuspreis.
Künftig soll es bei strafrechtlichen Verurteilungen leichter zu einem Mandatsverlust für Abgeordnete kommen. An sich ein Anliegen, zu dem breiter Konses herrscht. Allerdings sieht ein entsprechender Gesetztesvorschlag, der nun in Begutachtung geht, auch eine Aushöhlung der Verfassungsautonomie der Bundesländer vor, die sehr kritisch zu beurteilen ist.
Nachdem es im vergangenen Jahr einige Diskussionen über die Bestimmungen betreffend den Mandatsverlust von Parlamentsabgeordneten etwa nach strafrechtlichen Verurteilungen gab, liegt nun ein Antrag (1470/A XXV. GP) vor, die einschlägigen Bestimmungen zu verschärfen. So ist etwa vorgesehen, die Wählbarkeit, also das passive Wahlrecht zu beschränken, zudem soll die Antragsbefugnis für ein Verfahren zum Mandatsverlust vor dem Verfassungsgerichtshof auch auf den jeweiligen Parlamentsvorsitzenden ausgedehnt werden. Konkret vorgesehen sind Änderungen in den Voraussetzungen der Wählbarkeit in der Nationalrats-Wahlordnung, demzufolge nunmehr eine Person unter anderem dann nicht mehr wählbar sein soll, wenn diese zu einer Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt wurde. Aus föderalistischer Sicht zu bemerken sind die geplanten Novellierungen der Art 95 und 141 B-VG: So soll das wahlrechtliche Homogenitätsprinzip, demzufolge die Landtagswahlordnungen die Bedingungen des Wahlrechts und der Wählbarkeit nicht enger ziehen dürfen als die Bundesverfassung für Wahlen zum Nationalrat nun auf „bundesgesetzliche“ Bestimmungen erweitert werden. Damit unterliegt die Gestaltungsfreiheit der Länder de facto der einfachgesetzlichen Ausgestaltung durch den Bund und nicht mehr der Bundesverfassung, was eine Beschränkung der Verfassungsautonomie der Länder – seinerseits immerhin Wesenselement des Bundestaates – bedeutet. Dasselbe gilt für die Erweiterung der Antragsbefugnis für Verfahren über Mandatsverlust vor dem VfGH – der geplante neue Art 141 Abs 1 lit c sieht diesbezüglich einen Verweis auf die jeweilige Geschäftsordnung vor, was den Ländern wiederum die Möglichkeit nimmt, dies zB landesverfassungsrechtlich abzusichern.
Das Ziel des Antrages, die Regeln des Amtsverlustes von Politikern zu verschärfen und jenen für Bundes-, Landes- und Gemeindebedienstete anzugleichen, ist zweifellos sinnvoll, allerdings wäre jedenfalls überlegenswert, jene Bestimmungen, die auch bislang bundesverfassungsrechtlich normiert waren, in der entsprechenden Rechtsform zu belassen und nicht systemwidriger Weiser die Verfassungsautonomie der Länder an einfachgesetzliche Ausgestaltungen des Bundes zu binden.
In den vergangenen Wochen wurde intensiv über Änderungen bei der Mindestsicherung sowie über die Einführung einer neuen Ausbildungspflicht für Jugendliche diskutiert. Obwohl Homogenisierungen bereits im bestehenden rechtlichen Rahmen möglich wären, läuft die Diskussion wieder einmal in Richtung Zentralisierung und Bürokratisierung auf Bundesebene.
Zwischenzeitlich liegen teilweise entsprechende Gesetzentwürfe des Bundes vor, die aus föderalistischer Sicht insoweit kritisch zu sehen sind, als sie lediglich neue Bundeskompetenzen und darüber hinaus auch neue Zuständigkeiten für Bundesbehörden vorsehen. Grundsätzlich sei angemerkt, dass eine weitere Homogenisierung der Mindestsicherung über eine Anpassung der entsprechenden Vereinbarung nach Art 15a B-VG jederzeit möglich wäre und eine solche im Übrigen ohnehin bereits in Verhandlung ist. Nicht nachvollziehbar ist auch der Plan, die Agenden in unmittelbarer Bundesvollziehung, also durch eigene Bundesbehörden (konkret das Sozialministeriumservice) vollziehen zu lassen, anstatt dazu die bereits existenten Verwaltungsstrukturen der allgemeinen staatlichen Verwaltung in den Ländern zu nutzen, die die Angelegenheiten problemlos miterledigen könnten (siehe dazu Föderalismus-Info 1/2016). Der sukzessive Aufbau derartiger Parallelstrukturen erscheint nicht sinnvoll und wurde nicht zuletzt von der Aufgaben- und Deregulierungskommisson der Bundesregierung in ihrem Abschlussbericht kritisiert.
Abgesehen davon tragen die beiden Vorhaben des Bundes zu einer weiteren Zersplitterung des Bundesverfassungsrechts bei. Erinnert sei in diesem Zusammenhang auf einen Beschluss der Landeshauptleutekonferenz aus 1996 (nachzulesen im 21. Bericht über die Lage des Föderalismus in Österreich [1997] 176 f), wonach Kompetenzverschiebungen zu Gunsten des Bundes tunlichst im Abtausch mit anderen Zuständigkeiten erfolgten solle.
Im Zuge des neuen Informationsfreiheitsgesetzes soll es auch zur Entflechtung von gegenseitigen Zustimmungsrechten zwischen Bund und Ländern kommen.
In Zusammenhang mit den Arbeiten am „Informationsfreiheitsgesetz“ wird über eine Klärung der Frage diskutiert, wie das bundeseinheitliche Ausführungsgesetz zu den geplanten verfassungsrechtlichen Bestimmungen zustande kommen könnte: Die Länder sollten nun nach Vorbild des Vergaberechts (Art 14b B-VG) ein Vetorecht gegen jede weitere Änderung erhalten. Nach diesem Modell kann der Bund das Gesetz im Alleingang beschließen, jedoch tritt es nur nach Zustimmung aller Länder in Kraft. Gemäß Art. 42a B-VG müssen die Länder ihr allfälliges Veto innerhalb von acht Wochen zu erheben. Dies würde im Wesentlichen den Forderungen der Landeshauptleutekonferenz vom November des Vorjahres folgen.
Im Zuge der Reform vorgeschlagen ist außerdem ein weiterer Abtausch von gegenseitigen Zustimmungsrechten. Im Besonderen sei auf die Initiative des Bundesrates vom Oktober 2015 verwiesen, in der die Entflechtung wechselseitiger Zustimmungsrechte zwischen Bund und Ländern beantragt wurde. Wesentliches Anliegen der Initiative, die unter anderem Vorschlägen der Aufgabenreform- und Deregulierungskommission folgt, ist es, vor allem die Zustimmungsrechte der Bundesregierung zu Landesgesetzen, die die Organisation von Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung regeln, zu streichen. Hinzu kommt der Entfall des Zustimmungsrechtes der Bundesregierung hinsichtlich der Organisation des Amtes der Landesregierung und der Bestellung des Landesamtsdirektors. Außerdem ist der Entfall der gegenseitigen Zustimmungsrechte in Bezug auf eine Änderung in den Sprengeln der politischen Bezirke bzw der Bezirksgerichte vorgesehen (vgl dazu auch Föderalismus-Info 6/2015).
Die Wahl zum Bundespräsidenten am 24. April 2016 ist Anlass, das Amt unter föderalistischen Aspekten zu betrachten. Die gegenwärtige Ausgestaltung geht zurück auf das Jahr 1929. Nach den bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen ist der Bundespräsident ein – unmittelbar demokratisch legitimiertes – oberstes Organ der Vollziehung mit weitreichenen, auch die Länder betreffenden Befugnissen, von denen aber machne nur theoretischer Natur sind.
Nicht zuletzt auf Grund seiner repräsentativen Zuständigkeiten und Befugnisse im Notstandfall kann man das Amt des Bundespräsidenten auch als eines des „Gesamtstaats“ im Sinne der Kelsen‘schen „Drei-Kreise-Theorie“, also über Bund und Ländern stehend (wie etwa auch der Verfassungsgerichtshof oder Rechnungshof) verstehen. Dies wird auch in seiner Verantwortlichkeit gegenüber der Bundesversammlung unterstrichen – jenem parlamentarischen Organ, das sich aus National- und Bundesrat, also beiden Kammern des Parlaments, zusammensetzt. Vor der Bundesversammlung wird der Bundespräsident angelobt, sie entscheidet aber auch über eine Absetzung oder Anklage des Staatsoberhaupts. Die wichtigsten Kompetenzen sind jedoch im Wesentlichen bundesbezogen, so etwa die Ernennung von Bundebeamten oder die Mitwirkung im Rahmen der Bundesgesetzgebung. Auch ist der Bundespräsident im Regelfall an Vorschlag und Gegenzeichnung durch die Bundesregierung gebunden.
Betrachtet man die Zuständigkeiten des Staatsoberhaupts speziell aus föderalistischer Sicht, so umfasst dies etwa die Angelobung der Landeshauptleute nach Art 101 Abs 4 B-VG oder die Ermächtigung einer Landesregierung zum Abschluss eines Staatsvertrages nach Art 16 B-VG, sofern dieser weder gesetzesändernd noch gesetzesergänzend ist (Art 66 Abs 3 B-VG). Letzteres spielte in der Praxis seit Einführung der Staatsvertragskompetenz der Länder 1989 bislang jedoch nie eine Rolle. Aus bundesstaatlicher Sicht besonders interessant ist die Kompetenz des Staatsoberhauptes zur Auflösung eines Landtags nach Art 100 B-VG: dies geschieht durch den Bundespräsidenten auf Antrag der Bundesregierung und mit qualifizierter Zustimmung des Bundesrates; eine solche Auflösung darf nur einmal aus dem gleichen Anlass verfügt werden. Aus föderalistischer Sicht handelt es sich dabei um eine Form der Bundesaufsicht, die als Eingriff von Bundesorganen in die Autonomie der Landesverfassung etwas systemwidrig erscheint. Eine im Zuge der Politischen Vereinbarung über die Neuordnung des Bundesstaates 1993 angestrebte Beseitigung des Auflösungsrechts in seiner gegenwärtigen Form scheiterte bislang.
Als „Hüter der Verfassung“ wird der Bundespräsident nicht selten in Zusammenhang mit der Beurkundung von Bundesgesetzen bezeichnet. Insoweit er in dem Verfahren das verfassungsmäßige Zustandekommen eines Gesetzes überprüft, umfasst dies auch die Wahrung etwa des Zustimmungsrechts des Bundesrates bei Kompetenzverschiebungen zu Lasten der Länder nach Art 44 Abs 2 B-VG.
Darüber hinaus erwähnenswert ist die Zuständigkeit des Bundespräsidenten zur Festsetzung der Zahl der Mitglieder des Bundesrates basierend auf dem Ergebnis der Volkszählung – zuletzt geschehen mit Entschließung BGBl II Nr 237/2013, womit 61 statt 62 Mitglieder festgesetzt wurden und Oberösterreich eines seiner damals elf Mandate verlor. Weniger bekannt sind die Befugnisse im Notstandsfall, die in einem Fall sogar dezidiert föderalistischer Art sind, als etwa der Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung den Sitz oberster Organe an einen Ort außerhalb Wiens verlegen könnte – jedoch nur „für die Dauer außergewöhnlicher Verhältnisse“ (Art 5 Abs 2 B-VG). Das Notverordnungsrecht des Staatsoberhauptes umfasst lediglich den Bund, für die Länder gelten hier die Bestimmungen in Art 97 Abs 3 und 4 B-VG, wonach die Landesregierung im Notfall im Einvernehmen mit einem Landtagsausschuss entsprechendes Recht erlassen kann. Diese Regelung wurde 1984 eingeführt und ist im Wesentlichen der Kompetenz des Bundespräsidenten auf Bundesebene nachgebildet.
Regionen stehen sowohl national wie auch international im Wettbewerb um die Ansiedlung von Unternehmen und Personen. Um im globalen Standortwettbewerb erfolgreich zu sein, müssen diese deshalb auch entsprechend attraktive Rahmenbedingungen und Leistungen für Unternehmen und Privatpersonen bieten. Wie eine Studie des BAK Basel Economics AG im Auftrag des IFÖ nun ergeben hat, sind Regionen dann besonders wettbewerbsfähig, wenn sie in folgenen vier Politikfeldern sehr eigentsändig agieren können: Steuern und Finanzen, Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Lebensqualität.
Regionen stehen sowohl national wie auch international um die Ansiedlung von Unternehmen und Personen im Wettbewerb. Um im globalen Standortwettbewerb erfolgreich zu sein, müssen diese deshalb auch entsprechend attraktive Rahmenbedingungen und Leistungen für Unternehmen und Privatpersonen bieten. Weil Regionen aber im Normalfall einem Nationalstaat untergeordnet sind, verfügen sie nicht über alle dafür notwendigen Kompetenzen.
Im Auftrag des Instituts für Föderalismus hat das Forschungsinstitut BAK Basel Economics AG basierend auf Vorarbeiten nun eine Studie erstellt, in der vor allem der Frage nachgegangen wird, über welche Kompetenzen eine Region verfügen sollte, um eine erfolgreiche Standortpolitik verfolgen zu können. Dazu wurden vier Politikfelder identifiziert, für die eine solche Analyse besonders relevant ist, konkret Steuern und Finanzen, Infrastruktur, Bildung und Forschung sowie Lebensqualität. Zur Illustration wurden dazu sechs europäische Regionen in fünf Staaten ausgewählt, die allesamt über ein überdurchschnittlich hohes Maß an Dezentralisierung verfügen, sich aber in der Ausgestaltung der Dezentralisierung teilweise deutlich unterscheiden. Die Regionen Aargau (Schweiz), Baden-Württemberg (Deutschland), Katalonien (Spanien), Friaul-Julisch Venetien (Italien) sowie Tirol und Salzburg (Österreich) werden dazu verglichen. Ergänzt werden diese Beobachtungen mit empirisch fundierten Resultaten sowie konkreten Beispielen.
Das Ergebnis ist eine Reihe von Thesen bezüglich der Wirkung von Dezentralisierung auf die Standortpolitik von Regionen, die ihrerseits als Grundlage für die weitere wissenschaftliche und politische Diskussion dienen sollen. Die Studie ist als Band 36 der Reihe Föderalismusdokumente erschienen und ab sofort über das Institut erhältlich sowie über die Homepage abrufbar.
Das Institut möchte noch auf folgende gemeinderechtliche Publikation hinweisen: Der 2004 erschienene Kommentar zur Tiroler Gemeindeordnung wurde vom Tiroler Gemeindeverband mit Unterstützung des Instituts für Föderalismus neu aufgelegt und befindet sich nunmehr wieder auf aktuellem Stand. Die von Gerhard Brandmayr, Günther Zangerl, Peter Stockhauser und Niklas Sonntag besorgte Neuauflage ist ab sofort ausschließlich über den Tiroler Gemeindeverband zu beziehen.