Innovative Landesgesetzgebung

von Wolfgang Steiner, 07.03.2022

Mit der Oö Persönlichkeitsschutz-Novelle 2022, LGBl 2022/12, welche seit 9. Februar 2022 in Kraft ist, wurde in Oberösterreich jedenfalls zum Teil Neuland zur Weiterentwicklung des Schutzes der Persönlichkeitsrechte der Einsatzkräfte und betroffenen Personen sowie zum ungehinderten Ablauf von Einsatzmaßnahmen im Bereich des Hilfs- und Rettungswesens betreten.

In drei Landesgesetzen – konkret im Oö Feuer- und Gefahrenpolizeigesetz, im Oö Katastrophenschutzgesetz und im Oö Rettungsgesetz 1988 – wurden durch diese Novelle jeweils neue bzw erweiterte Tatbestände geschaffen, denen zufolge ein die Hilfseinsätze behinderndes, ein selbstgefährdendes oder die Privatsphäre dritter Personen beeinträchtigendes Verhalten zu unterlassen ist. Durch die normierten Verpflichtungen zur Unterlassung soll jedenfalls das vermehrt auftretende Problem des sog „Gaffens“ durch schaulustige Personen verhindert werden, das ursächlich dafür sein kann, dass die Einsatzkräfte den hilfsbedürftigen bzw zu rettenden Personen überhaupt nicht oder zeitlich verzögert Hilfe leisten können. Zudem stellt jegliches andere Verhalten von unbeteiligten Dritten, welches die Einsatzmaßnahmen behindert, wie zB das Versperren des Weges durch Gegenstände, eine Verwaltungsübertretung dar.

Vor dem Hintergrund, dass sich das Verhalten von schaulustigen Personen nicht auf das Beobachten von Einsatzmaßnahmen beschränkt, sondern es in jüngster Zeit vermehrt dazu kommt, dass diese die Einsatzmaßnamen fotografieren oder filmen und diese Aufnahmen im Internet veröffentlichen, wurde mit der Oö Persönlichkeitsschutz-Novelle 2022 der Schutz der Privatsphäre dritter Personen bei Einsatzmaßnahmen völlig neu geregelt, indem in den drei Landesgesetzen Regelungen eingeführt wurden, die jede Person verpflichten, alles zu unterlassen, was die Privatsphäre dritter Personen bei Brandbekämpfungsmaßnahmen bzw Maßnahmen der Katastrophenabwehr und -bekämpfung bzw Maßnahmen des Hilfs- und Rettungsdienstes unzumutbar beeinträchtigt, insb die unbefugte Herstellung, Verwendung, Übertragung oder Zurverfügungstellung von Bild- und Tonaufnahmen von Brand-, Katastrophenschutz- bzw Hilfs- und Rettungseinsätzen.

Weiters wurden Wegweisungsbefugnisse für den Einsatzleiter bzw die Einsatzleiterin, die Gemeinde und die Behörde geschaffen, welche diese dazu ermächtigen, unerwünschte Verhaltensweisen hintanzuhalten sowie schaulustige Personen wirksam vom Einsatzort oder dessen unmittelbarer Nähe wegzuweisen.

Zudem wurden mit der Novelle in den genannten Landesgesetzen neue Bestimmungen eingeführt, welche als Strafalternative anstelle einer Geldstrafe die unentgeltliche Erbringung gemeinnütziger Leistungen, wie bspw die Begleitung von Einsatzkräften, die Mithilfe in der Behinderten-, Alten- und Krankenbetretung oder bei Umweltschutzmaßnahmen vorsehen. Die Normierung der Strafalternative „Erbringung einer gemeinnützigen Leistung“ hat Ausnahmecharakter. Sie wurde vom Gesetzgeber auf Grund präventiver Wirkungen und in der Hoffnung, dass es in Zukunft zu wenigen Strafverfahren kommen wird, bei denen vorwiegend von der Möglichkeit der unentgeltlichen Erbringung einer gemeinnützigen Leistung Gebrauch gemacht werden soll, verankert.

Detaillierte Erläuterungen zur Oö Persönlichkeitsschutz-Novelle 2022 enthält der Ausschussbericht: ErläutAB 47/2021 BlgOöLT, abrufbar unter: https://www2.land-oberoesterreich.gv.at/internetltgbeilagen/Beilage%2047/2021%20-%20Ausschussbericht.pdf?id=16762&n=47&j=2021#page=

In Kürze wird in der Zeitschrift „Recht & Finanzen für Gemeinden“ (RFG, Heft 2022/1) auch ein ausführlicherer Beitrag zur Oö Persönlichkeitsschutz-Novelle 2022 erscheinen.

Informationen zu Wolfgang Steiner



Wolfgang SteinerDr. Wolfgang Steiner ist Direktor des Oberösterreichischen Landtags und Leiter der Direktion Verfassungsdienst im Amt der Oö. Landesregierung sowie Honorarprofessor für Öffentliches Recht an der Johannes Kepler Universität Linz.


wolfgang.steiner@ooe.gv.at

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