Normen I: Herausforderung für die Rechtsetzung
von Institut für Föderalismus, Eigenblog, 14.01.2015Der Wert einheitlicher technischer Normen steht in vielen Bereichen des Lebens außer Frage. Da mit der Normung aber auch Standards für Investitionskosten, Überprüfung und Verwaltung definiert werden, müssen ihre Entstehung und ihre Inhalte gründlich hinterfragt werden.
- Historische Entwicklung: Das Normungswesen hat seine Wurzeln in Ländern, die zur Zeit der industriellen Revolution über wenig differenzierte Rechtssysteme verfügten. Die Durchsetzung vereinheitlichender Standards war ein dringendes Anliegen von Wirtschaft und Gesellschaft. In Österreich trifft ein intensiv reguliertes Rechtssystem (Beispiel Arbeitnehmerschutzgesetz mit 1.209 Schutzbestimmungen) auf ein überaus detailliertes Normensystem.
- Entstehung von Normen: Eine neue Norm bzw. die Weiterentwicklung einer bestehenden Norm kann von Einzelpersonen wie auch von Interessensgruppen beantragt werden. Im österreichischen Normungsinstitut Austrian Standards wird der Antrag einem bestehenden, fachlich dafür geeigneten Normungskomitee zugewiesen oder ein eigenes Komitee gebildet. Das kleinste der aktuell 175 Komitees besteht aus zehn Personen, das derzeit größte aus 190. Die Komitees werden vom Institut frei zusammengesetzt, eingeladen werden fachlich versierte Persönlichkeiten aus Interessenvertretungen, Prüfstellen, Wirtschaft, Wissenschaft, öffentlicher Verwaltung und Zivilgesellschaft. Derzeit sind mehr als 3.300 Personen in das österreichische Normungswesen eingebunden. In den Komitees gilt das Einstimmigkeitsprinzip. Das Ergebnis der Beratungen ist entweder die Erlassung einer neuen Norm durch Beschluss der Vereinsorgane oder die Ablehnung des Normungsantrages.
- Austrian Standards Institute (bis 2009 „Österreichisches Normungsinstitut“): Das Austrian Standards Institute (ASI) ist ein Non-Profit-Verein mit 667 Mitgliedern, es wurde 1920 als privater Verein mit der Bezeichnung „Österreichischer Normenausschuss für Industrie und Gewerbe“ gegründet. Rechtlich ist das Normungsinstitut im Normengesetz 1971 geregelt, das im Sinne einer Aufgabenprivatisierung die Betrauung eines Vereines mit der Normierung vorsieht. Oberstes Organ ist das Präsidium. Das ASI versteht sich als neutrale Plattform, das den Normungsprozess organisiert, selbst aber keinen direkten inhaltlichen Einfluss ausübt. Der Verein beschäftigt 123 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und finanziert sich überwiegend aus dem Verkauf von Normen, aus Teilnehmergebühren (für die Mitarbeit an den Normungsprozessen), Förderungen und Mitgliedsbeitragen.
Eine Weiterentwicklung des Normungswesens hat die neue Geschäftsordnung des Instituts 2013 gebracht; sie sieht nicht nur die Einrichtung einer Schlichtungsstelle, sondern auch die Veröffentlichung der Teilnehmerinnen und Teilnehmern in den Komitees, die digitale Zugänglichkeit des Standes der Beratungen bei neuen Normen, die Information über die Einrichtung neuer Komitees sowie die Möglichkeit, Stellungnahmen einzubringen, vor.
- Statistik: Die Gesamtzahl der gültigen europäischen und nationalen Normen betrug mit Stichtag 31. Dezember 2013 24.703, wovon 2.166 rein nationaler Natur sind. Das Durchschnittsalter aller Normen war 8,3 Jahre. 16,12 Prozent aller Normen war bis zu zwei Jahren alt, 18,03 Prozent sind älter als 14 Jahre. 1.815 Normen sind 2013 neu erschienen, davon 112 nationaler Provenienz, 1.340 (129 national) wurden zurückgezogen.
Für die im aktuellen Regierungsprogramm beabsichtigte Erarbeitung einer Österreichischen Normungsstrategie und für die Novellierung des Normengesetzes 1971 sind aus der Sicht des Instituts für Föderalismus folgende Ziele anzustreben:
- Steuerung der Normung: Über die Aufsicht und die Steuerung des Normsetzungsprozesses ist sicherzustellen, dass neben den interessierten Kreisen auch die Teilnahme der öffentlichen Hand, der Bildungs- und Forschungseinrichtungen und der Zivilgesellschaft sichergestellt ist. Damit soll erreicht werden, dass die Normen dem volkswirtschaftlichen Nutzen und einer umfassenden Nachhaltigkeit dienen. Vertreterinnen und Vertretern des öffentlichen Interesses sind Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen. Die Reduzierung der Zahl der nationalen und internationalen Normen muss ein übergeordnetes Ziel sein.
- Transparenz und Zugänglichkeit: Zusammensetzung und Ausgewogenheit der Normungskomitees ist der Öffentlichkeit ersichtlich zu machen, insbesondere sind die teilnehmenden Organisationen bzw. deren Organisationseinheiten zu veröffentlichen. Normungsanträge sollen beeinsprucht und Konflikte vor eine Schlichtungsstelle gebracht werden können. Konkrete Normungsanträge sind einer Vorprüfung zu unterziehen. Verpflichtend geltende Normen sind frei zugänglich zu machen.
- Normungsbereiche: Die Bereiche, für die Normen geschaffen werden dürfen, sind gesetzlich festzulegen.
- Finanzierung: Die Finanzierung des Normsetzungsprozesses muss unabhängig von der Zahl der Normen und deren Geltungsdauer geregelt sein. Insbesondere ist die Teilnahme aller relevanten Interessensgruppen sicherzustellen.
Die Inhalte dieses Blogs stellen das Resümee einer Konferenz des Instituts für Föderalismus gemeinsam mit dem Land Oberösterreich am Donnerstag, 20. November 2014 in Linz dar.
Informationen zu Institut für Föderalismus, Eigenblog
institut@foederalismus.at
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