Reform der Bildungsverwaltung: Argumente, Zahlen, Hintergründe
von Institut für Föderalismus, Eigenblog, 11.11.2015
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Unseriöse Zahlen des grünen Bildungssprechers:
Die Behauptung des grünen Bildungssprechers Harald Walser, die Verländerung der Schulverwaltung koste um 470 Millionen € mehr, ist in höchstem Maße unseriös und durch nichts belegt. Hier die Zahlen über die Personenstände:
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1600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei den Landesschulräten und beim Stadtschulrat Wien
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140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Pflichtschulverwaltungen der Länder Kärnten, Salzburg, Steiermark und Tirol; die anderen Ländern haben die Bildungsverwaltungen an die Landesschulräte übertragen.
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600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im BMBF
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195 Mitarbeiterinnen im BIFIE
In der klassischen Schulverwaltung sind bei Bund und Ländern ca. 2.000 Personen beschäftigt. Bei einem durchschnittlichen Bruttogehalt von 60.000 € betragen die gesamten Personalkosten 120 Millionen €.
2. Zahlen der Sektion III des Ministeriums für Bildung und Frauen:
In einem Papier, das offensichtlich für einen politischen Schnellschuss angefordert wurde (darauf weisen die Tippfehler hin), gibt die Sektion III des BMBF die Verteuerung der Verländerung der Lehrerverwaltung mit 172,8 Millionen € an. Hier die Argumente des Ministeriums und die Gegenargumente:
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Überziehung der Länder bei den Stellenplänen (89,7 Mio. €): Da die ministerielle Bundesschulverwaltung nicht in der Lage war, den Neuen Mittelschulen für die zusätzlichen sechs Wochenstunden ausreichend Bundeslehrer zur Verfügung zu stellen, mussten die Länder einspringen (468,8 Planstellen 2012/13). Der Rechnungshof hat diese Situation in seinem Prüfbericht der Landesschulräte Oberösterreich und Tirol anerkannt, der Bund musste die Kosten refundieren. Der restliche Überzug von rund 1.000 Planstellen resultiert aus der Tatsache, dass für den sonderpädagogischen Förderbedarf nur eine pauschale Maßzahl von 2,7 Prozent aller Schüler angerechnet wird, während in der Praxis der Bedarf bei 4,5 Prozent liegt. Auch die bundesgesetzlich vorgegebene Senkung der Klassenschülerhöchstzahl von 30 auf 25 hat einen zusätzlichen Planstellenbedarf von 5.500 verursacht, während der Bund nur 4.500 zur Verfügung stellt. Allein diese Differenz zu Lasten der Länder entspricht dem Überzug von 1000 Dienststellen.
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Erhöhte IT-Kosten: Die Sektion III rechnet mit einem IT-Mehraufwand von 5,4 Millionen €. Hier wird mit einer simplen Hochrechnung der IT-Umsetzung des neuen LehrerInnendienstrechts eine Verneunfachung der Kosten unterstellt. Das entbehrt jeder vernünftigen wirtschaftlichen Vorgangsweise bei der Umsetzung der Bildungsdirektionen, kann doch einerseits weiterhin das Bundesrechenzentrum als Dienstleister eingesetzt und andererseits eine Bündelung der Länder in einer Bietergemeinschaft vorgenommen werden, um zu den gleichen Konditionen zu gelangen.
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Teurere Landesverwaltungsbedienstete (2,3 Mio. €): Abgesehen davon, dass das Papier der Sektion III keine Berechnungsgrundlagen enthält, ist davon auszugehen, dass sämtliche bisherigen MitarbeiterInnen in die zu bildenden Bildungsdirektionen übernommen werden, Bundesbedienstete bleiben und gleich bezahlt werden. Zudem haben nahezu alle Länder (im Gegensatz zum Bund) Besoldungsreformen inklusive Abschaffung der Pragmatisierung durchgeführt, was auf lange Sicht Reduktionen der Personalkosten nach sich ziehen wird.
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Auseinanderdriften von Ressourcenparametern (50,4 Mio. €): Dieser Betrag entbehrt jeder Grundlage, kann doch das Pflichtschulsystem, das bis in Dörfer und Seitentäler hinaus reichen muss und deutlich komplexer ist als das auf wenige Standorte konzentrierte System der AHS und BMHS, nicht mit dem Bundesschulsystem direkt verglichen werden. Hier geht es um grundverschiedene Aufgaben und nicht um das System der Verwaltung. 2.
3. .Einsparungen durch die Einführung der Landesbildungsdirektionen:
In diesem IFÖ-Argumentarium werden die nichtmonetären Auswirkungen einer Verländerung, beispielsweise durch die Verkürzung der Entscheidungswege und damit die Entbürokratisierung und Beschleunigung des gesamten Systems sowie die Reduzierung der Aufsichts- und Kontrollkapazitäten durch die Letztentscheidung in den Ländern nicht bewertet. Direkte Einsparungen können in der Größenordnung von 20 Millionen € nachgewiesen werden, der Wert der Gesamtoptimierung ist deutlich höher anzusetzen:
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Abschaffung der neun Landesschulräte und Übernahme durch Schulverwaltungen der Länder – 10 Millionen €
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Wegfall von Leitungsfunktionen in den Landesschulräten sowie Abschaffung der Kollegien (amtsführender Präsident, Direktor, Stellvertreter) – 3 Millionen €
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Einsparungseffekte im administrativen Bereich des Bildungsministeriums(ca. 600 Planstellen): erwartetes Sparpotenzial 10 Prozent – 3,6 Millionen €
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Abrechnung der Lehrerbezüge durch die Zusammenführung bei einer Einrichtung (BRZ) mit entsprechenden Auswirkungen auf die Landesbuchhaltungen (5 Planstellen/Bundesland) – 2,3 Millionen €.
4. Warum der nachhaltige Widerstand der Minísterialbürokratie:
Durch die Umsetzung der Bildungsdirektionen und einem deutlichen Ausbau der Schulautonomie können im Bildungsministerium die Budget- und die Personalsektion mehr oder weniger zur Gänze aufgelöst und in den verbleibenden Sektionen große Einsparungen realisiert werden.
5. Vertreterin des Bildungsministeriums hat dem Expert/innenpapier zugestimmt
Das von der Expert/innenarbeitsgruppe Schulverwaltung im März 2015 vorgelegte Papier „Freiraum für Österreichs Schulen – Empfehlung zur neuen Steuerung: frei in der Gestaltung, einheitlich in den Grundsätzen und schlank in der Umsetzung“ wurde vom Ministerium für Bildung und Frauen redigiert und herausgegeben (Impressum). Unter dem Kapitel „Die operative Umsetzung – Die Länder“ heißt es wörtlich: „Nach eingehender und intensiver Erörterung der Vor- und Nachteile sowie der Folgewirkungen in den Bereichen Personal und Schulerhalter empfehlen sieben der acht Mitglieder der Experten/innengruppe folgende Gestaltung der operativen Umsetzung:
Autonome Schulen benötigen einen Ansprechpartner für die Sicherstellung der Rahmenbedingungen zur Erfüllung ihrer Aufgaben. Unter Berücksichtigung dieses Ziels und dem Ziel einer klaren Trennung zwischen zentraler Steuerung und operativer Umsetzung soll letztere für alle autonomen Schulen in einer neuen Einrichtung, den Bildungsdirektionen der Länder, erfolgen“. Und weiter: „Diese Tätigkeiten übt die Bildungsdirektion einerseits in mittelbarer Bundesverwaltung, andererseits in unmittelbarer Landesverwaltung aus“. Nicht zugestimmt hat der Vertreter der Industriellenvereinigung, der ein weitergehendes Modell der Schulträgerschaft präferiert hat. Sehr wohl aber hat die Vertreterin des Bildungsministeriums auf fachlicher Ebene die Zustimmung erteilt.
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